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Was ist die adaptive Lambdaregelung?


Warum adaptive Lambdaregelung?

Moderne Verbrennungsmotoren müssen heute präzise, effizient und emissionsarm arbeiten. Das geht nur, wenn das Luft-Kraftstoff-Gemisch in einem idealen Bereich (Lambda = 1) gehalten wird. Die adaptive Lambdaregelung sorgt dafür, dass der Motor unter allen Last- und Betriebsbedingungen das optimale Gemisch erhält – selbst bei Alterung oder Undichtigkeiten im System.

Für uns als Diagnosespezialist bedeutet das: Diese Regelung ist der Schlüssel zum Verständnis vieler Fehlerbilder – vom P0171 (System zu mager) bis zur Analyse von Spritverbrauch oder Leistungsproblemen.


Die adaptive Lambdaregelung setzt sich aus zwei Hauptkomponenten zusammen:

  1. Kurzzeitgemischanpassung (engl. Short Term Fuel Trim – STFT)

  2. Langzeitgemischanpassung (engl. Long Term Fuel Trim – LTFT)

Beide basieren auf den Rückmeldungen der Lambdasonden (meist Sprungsonde vor Kat, eventuell auch Breitbandsonden) und regeln die Einspritzzeit, um das Luft-Kraftstoff-Verhältnis kontinuierlich zu optimieren.

Kurzzeitgemischanpassung

(STFT – adaptive Lambdaadaption)

Funktion:

  • Die Kurzzeitkorrektur reagiert sofort auf Abweichungen im Lambdasignal.

  • Das Steuergerät verändert die Einspritzzeit, um das Gemisch direkt zu korrigieren.

  • Die Werte pendeln typischerweise zwischen +/- 1,6 % (herstellerabhängig).


Beispiel aus der Praxis:

Beim Gasgeben in einem Auto mit funktionierender Lambdaregelung kannst Du live im Diagnosetester Messwertblock beobachten, wie die STFT im Leerlauf z. B. bei +1,2 % liegt, beim Beschleunigen kurz Richtung –1,0 % abfällt, dann wieder pendelt. Das zeigt: Die Regelung greift schnell ein.

Wichtige Hinweise:

  • STFT ist flüchtig – sie wird beim Neustart des Motors nicht gespeichert.

  • Sprunghafte, stark schwankende STFT-Werte deuten auf Probleme vor der Sonde hin: z. B. Falschluft, defekte Einspritzdüse, AGR-Störung.

Langzeitgemischanpassung (LTFT – multiplikative Lambdaadaption)

Funktion:

  • Die LTFT passt das Einspritzkennfeld dauerhaft an, basierend auf Erfahrungen der STFT.

  • Das Steuergerät "lernt" über Zeit: z. B. dass der Motor im Leerlauf immer mager läuft.

  • Werte liegen meist im Bereich von ± 5–7 % (je nach Fahrzeughersteller und System).

Beispiel aus der Praxis:

Du hast ein Fahrzeug mit einem LTFT von +12 %. Das bedeutet: Das System muss ständig mehr Kraftstoff einspritzen. Ursache könnte Falschluft im Ansaugtrakt sein (z. B. gerissener Unterdruckschlauch). Die STFT pendelt jetzt wieder um die Null – aber nur, weil die LTFT "verschoben" wurde.


Hier siehst Du eine anschauliche Grafik, die den Verlauf der Kurzzeit- (STFT) und Langzeitgemischanpassung (LTFT) im Beispiel mit Fehlercode P0171 darstellt:  Vor der Reparatur (linker Bereich):  STFT liegt bei +15 % → Steuergerät versucht sofort gegenzusteuern  LTFT bei +20 % → dauerhafte Gemischkorrektur nötig, Falschluft wird kompensiert  Reparaturzeitpunkt (graue Linie):  Undichte Stelle wurde behoben, Lernwerte zurückgesetzt  Nach der Reparatur (rechter Bereich):  Beide Werte normalisieren sich  STFT pendelt um 0 %, LTFT stabilisiert sich bei +2 % → alles im grünen Bereich

Hier siehst Du die grafische Darstellung der Lambdaregelung vor und nach der Reparatur:  Links (vor der Reparatur):  Die Kurzzeitkorrektur (STFT) schwankt stark im positiven Bereich → Das Steuergerät versucht, permanent mehr Kraftstoff einzuspritzen.  Die Langzeitkorrektur (LTFT) ist dauerhaft auf +20 % → ein klares Zeichen für eine langfristige Abweichung, z. B. durch Falschluft.  Rechts (nach der Reparatur):  Die STFT pendelt sauber um 0 %, das System kann fein regeln.  Die LTFT liegt bei +2 % → normaler Bereich, keine dauerhafte Abweichung mehr vorhanden.  Solche Grafiken sind ideal für Schulungen, um das Zusammenspiel von STFT und LTFT visuell zu erklären. Wenn Du willst, erstelle ich Dir gern noch eine Version mit negativen Korrekturwerten (z. B. bei undichter Einspritzdüse).


Wichtige Hinweise:

  • LTFT-Werte außerhalb von ±10 % gelten meist schon als grenzwertig.

  • Hoher positiver LTFT = Gemisch zu mager → z. B. undichte Ansaugung, alter LMM.

  • Hoher negativer LTFT = Gemisch zu fett → z. B. undichte Einspritzdüse, defekter Temperaturfühler (zu kalt → mehr Einspritzung).

Zusammenspiel der beiden Korrekturen

Bedingung

Kurzzeitkorrektur

Langzeitkorrektur

Bedeutung

System in Ordnung

Pendelt um 0 %

stabil im Bereich ±5 %

Alles im grünen Bereich

Undichtigkeit/Falschluft

STFT oft am Anschlag

LTFT steigt langfristig

Diagnose notwendig

Kurzzeitkorrektur ständig bei +10 %

LTFT bisher bei 0 %

Noch keine dauerhafte Adaption erfolgt


Beispiel:

Ein Golf VI 1.4 bei heißem Motor STFT +8 %, LTFT +10 %. Das System kompensiert eine Undichtigkeit. Du findest später, dass der Bremskraftverstärker-Unterdruckschlauch porös ist – klassische Falschluftquelle.

Was passiert bei Erreichen der Adaptionsgrenzen?

  • Wird der maximale Korrekturbereich (oft ±25 %) überschritten, kann das Steuergerät das Gemisch nicht mehr richtig regeln.

  • Dann setzt die Motorsteuerung einen Fehlercode, z. B. P0171 (System zu mager Bank 1).

  • Die Folge: Notlauf, erhöhter Verbrauch, Leistungsverlust, Kat-Schäden.

Diagnosehinweise & Tipps für die Werkstatt

  1. Live-Diagnose fahren: Beobachte STFT & LTFT im Leerlauf, bei Teillast und unter Last.

  2. Sichtprüfung: Undichtigkeiten im Ansaugtrakt, poröse Unterdruckschläuche, lose Schellen.

  3. Sensoren prüfen: LMM, Kühlmitteltemperaturfühler, Lambdasonden – Werte plausibel?

  4. Lernwerte löschen: Nach Reparatur STG zurücksetzen → Neue Adaption starten lassen.

  5. Undichte Einspritzdüsen: Wenn LTFT zu negativ → Rücklaufmengen prüfen!

Warum ist das so wichtig?

Die adaptive Lambdaregelung ist nicht nur eine abstrakte Funktion im Steuergerät, sondern das Herzstück der Gemischregelung.

  • Fehlerbilder schneller und gezielter diagnostizieren

  • unnötiges Teiletauschen vermeiden

  • Fahrzeugprobleme physikalisch begründen


Fallbeispiel: P0171 – System zu mager (Bank 1)

Fahrzeug: VW Golf VI, Motorcode: BSE

Kraftstoffsystem: Saugrohreinspritzung, Regelsonde vor Kat (Sprungsonde)


Kundenbeanstandung


„Motorleuchte an, ruckelt im Leerlauf, erhöhter Verbrauch“

  • Motorleuchte (MIL) leuchtet dauerhaft.

  • Leerlauf unruhig.

  • Keine spürbare Leistungsverluste beim Fahren.

  • Fehler trat „plötzlich“ auf, keine Werkstattarbeiten im Vorfeld.


Fehlerauslese mit Diagnosetester

Fehlerspeicher ausgelesen (z. B. mit Autel, Texa, Thinkcar, VCDS, Bosch KTS, Hella Gutmann):

P0171 – System zu mager (Bank 1)→ Keine weiteren Fehler gespeichert.


Live-Datenanalyse (Lambdaregelung prüfen)

Motor im Leerlauf, Kühlmitteltemperatur bei 90 °C:

Parameter

Wert

STFT (Kurzzeitkorrektur)

+15 %

LTFT (Langzeitkorrektur)

+20 %

Lambdasondenspannung

0,1 – 0,8 V (springt)

LMM-Wert

plausibel (ca. 3–4 g/s im Leerlauf)

Motortemp.

90 °C (realistisch)

Interpretation:

  • STFT deutlich positiv → Steuergerät versucht, Kraftstoffmenge sofort zu erhöhen

  • LTFT ebenfalls hoch → Problem besteht dauerhaft

  • Sonde springt → Sensor funktioniert (System regelt!)

  • Gemisch also dauerhaft zu mager → Zusätzliche Luft im System


Sichtprüfung (Fehlersuche im Ansaugtrakt)

Schrittweise Prüfung auf Falschluftquellen:

  • Unterdruckschläuche: Sichtprüfung → ein Schlauch porös und lose an der Ansaugbrücke!

  • Bremskraftverstärkerleitung: mit Lecksuchspray abgesprüht → Leerlauf dreht plötzlich hoch


Ergebnis:


Poröser Unterdruckschlauch


Reparaturmaßnahmen

  • Porösen Unterdruckschlauch ersetzt.

  • System neu zusammengesetzt, alle Schellen geprüft.


Lernwerte löschen und Probefahrt

Nach Reparatur:→ Steuergerät auf Werkseinstellung zurückgesetzt (Adaptionswerte gelöscht)→ Motor gestartet → Anpasswerte bei 0 %

Probefahrt:

  • Stadtverkehr, Landstraße, kurze Volllast

  • Danach Rückkehr in den Leerlauf

Parameter

Neuer Wert

STFT

pendelt zwischen –1 % und +1 %

LTFT

stabil bei ca. +2 %

Fehlerspeicher

leer

Fehler beseitigt, Lambdaregelung arbeitet im Sollbereich.


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